Im Sommer jeden Tag ein bisschen frisches Obst aus dem Garten holen – so sieht vielleicht eine idyllische Selbstversorgerfantasie aus. Wer einen Garten hat oder Menschen mit Garten kennt, weiß, dass das mit dem eigenen Obst zwar etwas wunderbares ist, aber zeitlich oft recht begrenzt. Wenn die Kirschen, Himbeeren und Co. reif sind, heißt es schnell handeln, bevor sie verfaulen. Das kann auch schnell mal in Stress ausarten und man kommt aus dem Einkochen, Kuchenbacken und Verschenken gar nicht mehr heraus. So nehme ich das zumindest in meinem Umfeld wahr. Unsere erst im letzten Herbst gesetzten Beerensträucher haben dieses Jahr schon eine kleine und sehr leckere Ernte abgeworfen, für eine längere Obstversorgung reicht das aber nicht. Die Kirschen sind leider durch das Regenwetter verfault, bevor sie richtig reif waren, und die Felsenbirnen haben gar nicht getragen. Zum Glück bin ich mit zwei sehr fleißigen einjährigen Beerensorten und noch ein paar anderen Spezialitäten im Rennen, auf deren Früchte ich schon gespannt warte. Die möchte ich euch gerne vorstellen, weil sie mir so ans Herz gewachsen sind.
Meine beiden „Helden der Arbeit“ unter den fleißigen Früchtchen sind die Ananaskirsche und die Wonderberries. Da ich Physalis liebe und irgendwie immer ein schlechtes Gewissen habe, wenn ich sie in kleinen Schälchen aus Kolumbien kaufe, hatte ich letztes Jahr eine nahe Verwandte, die Ananas- oder Erdkirsche (Physalis pruinosa) in den Garten geholt. Wobei, „in den Garten“ ist nicht ganz korrekt, ich müsste eher sagen: auf die Terrasse. Die handlichen Pflanzen lassen sich nämlich prima in Topf und Kasten ziehen und sind dort vor den Schnecken sicher. Die mögen sie nämlich so gerne, dass ich von den Pflanzen, die ich im Garten ausgesetzt hatte, kaum etwas ernten konnte. Das Pflänzchen, das ich eher aus Verlegenheit in den Blumenkübel zu den Stiefmütterchen gesetzt hatte, hat fleißig geblüht und bis Anfang November auch Früchte getragen. Die Blüten sind klein und unscheinbar, setzten aber zu fast 100% die Physalis-typischen Lampionfrüchte an – erst ganz klein und grün und später über gelblich bis hin zu ihrem reifen Beige. Darin verbergen sich leckere gelbe Murmeln, die in ihrem Aroma ganz entfernt an Ananas, mehr aber an die üblichen Andenbeeren erinnern. Um das Pflücken braucht man sich keine Sorgen machen, denn, wenn sie reif sind, fallen sie einfach herunter. Zum Glück halten sie gut verpackt in ihren Lampion auch etliche Tage, so dass man sich keinen Stress mit dem absammeln machen muss, außer man will den Mäuschen zuvorkommen. Die trauen sich bei uns aber Dank unserer pelzigen Wächterin kaum auf die Terrasse. Im Moment kann ich jeden Tag zum Frühstück ein paar Ananaskirschen aufsammeln und ich liebe sie einfach. So eine kleine, bescheidene Pflanze, die noch fleißig blüht und viele weitere Früchtchen verheißt – da bekomme ich einfach jedes Mal gute Laune, wenn ich sie sehe.
Ihrem namen alle Ehre macht meine zweite Heldin der Arbeit in Sachen Beerenproduktion: die Wonderberry (Solanum x burbankii). Ich hatte sie mehr durch Zufall bei einem Saatgutversand entdeckt und war anfangs etwas sketpisch, weil sie doch unserem Schwarzen Nachtschatten (Solanum nigrum) sehr ähnelt. Allerdings gibt es in anderen Ländern wohl einige nahe Verwandte unseres giftigen Nachtschattens, die durchaus essbare Früchte produzieren. Immerhin gehört die Tomate (Solanum lycopersicum) auch selben Gattung. Die Wonderberries waren schon beim Keimen wahre Weltmeister und entwickelten sich schnell zu ansehnlichen kleinen Pflänzchen, die noch in ihren Anzuchttöpfen zum teil das Blühen angefangen haben. Umso gespannter war ich auf ihre Beeren. Weil ich so viele Wonderberry-Pflänzchen hatte und auch nach eifrigem Verschenken mehr übrig blieben, als ich eigentlich wollte, habe ich mit ihnen eines meiner Blumentopfsorgenkinder bepflanzt: den schönen Taschentopf, der die letzten Jahre ungenutzt herumstand, weil sich einfach bisher kein Kraut so richtig drin wohlfühlen wollte. Ganz anders die Wonderberries. Denen geht es dort offenbar sehr gut und sie zeigen, was sie im Grunde ihres Wesens eigentlich sind: ein unkaputtbares Unkraut, das zufällig viele leckere Beerchen produiziert. Wobei das „zufällig“ eigentlich nicht stimmt. Gezüchtet wurden sie nämlich von dem genialen US-amerikanischen Pflanzenzüchter Luther Burbank (1849-1926), der nicht nur über 800 Pflanzensorten in den Gartenbau eingeführt, variiert oder neu gezüchtet hat von Pflaumen über die Burbank Potato bis hin zu dornenlosen Feigenkakteen, sondern auch Nachtschattengewächse gesammelt hat. Aus essbaren Solanum-Arten hat er dabei die Wonderberry gezüchtet und schon zu Lebzeiten grandios vermarktet. In den USA ist sie daher wohl eine beliebte Gartenpflanze, die gerne zur Marmelade, Kuchen und anderem verarbeitet werden. Mit ihrem intensiv violetten Saft sind sie auf jeden Fall ein Hingucker. Von besonderer Bescheidenheit dürfte Mr. Burbank allerdings nicht gewesen sein, denn seiner Wonderberry gab er noch zu Lebzeiten den botanischen Namen Solanum x burbankii. Unter Botaniker ist es sonst nicht übliche, Pflanzen nach sich selbst zu benennen. Leider nahm er mit seiner Popularität ein tragisches Ende, es heißt, er sei an den Folgen eines Shit Storms gestorben ist. Und das nicht etwa wegen seiner fragwürdigen Überlegungen, ob es nicht möglich sein sollte, mit den Methoden der gärtnerischen Auslese, eine bessere Menschheit zu „züchten“. In einem Zeitungsinterview erklärte er, dass er nicht an die Existenz einer unsterblichen Seele glaube, woraufhin er mit Hassbotschaften wohl nur so überschüttet wurde, was ihn wohl auch gesundheitlich sehr mitnahm. Gärtnerisch hat er jedenfalls ein reiches Erbe hinterlassen und für die Wonderberries bin ich ihm dankbar. Die produzieren nämlich jetzt seit Juli in einem fort ihre Beerchen, auch zur Freude der ansässigen Amseln, die sie offenbar ähnlich gerne mögen wie ich. Vom Geschmack her tue ich mir mit einer Beschreibung schwer, auf jeden Fall süß, ohne sehr charakteristisches Aroma und mit einer ganz leichten Lakritznote. Jedenfalls perfekt, um die Pausen auf der Terrasse mit ein bisschen gesundem Naschen zu versüßen. Wie lange sie ihre Beerenproduktion noch in den Herbst fortsetzen, kann ich noch nicht sagen. Im Moment wirken sie nicht, als würden sie bald damit aufhören wollen.
Zwei weitere Nachtschattenfrüchte, die bisher aber eher als Zierpflanzen auf meiner Terrasse eine gute Figur gemacht haben, sind die Zwerg-Tamarillo (Cyphomandra abutiloides) und die Litchi-Tomate (Solanum sissybriifolium). Erstere ist alles andere als zwergig und fängt jetzt langsam an, Blütenknospen zu bilden, letztere produziert immer neue ihrer aparten bläulichen Blüten und hat schon einige Früchte angesetzt. Da spitze ich jeden Tag gespannt in den Kasten, ob die erste Frucht rot wird. Beim Anblick dieser exotischen Schönheit kann ich jedenfalls verstehen, warum Tomaten und Kartoffeln nach ihrer Einführung aus Amerika bei uns als Zierpflanzen gehalten wurden.
Eines meiner Sorgenkinder scheint sich nach meiner „Rettungsaktion“ nun doch zu einem fleißigen Früchtchen zu entwickeln, nämlich meine Goji-Beere. Nachdem ich allenthalben über die Wüchsigkeit und Unkompliziertheit der Goji-Beeren gelesen hatte, die ihr sogar den Namen Teufelszwirn eingebracht haben soll, hatte ich mein Exemplar in ein kleines Flechtbeet oben im Hang gesetzt. Leider ist sie dort mehr vor sich hingemickert als ihrem Ruf gerecht zu werden. Als sie nur noch drei Blättchen hatte, habe ich mich erbarmt und sie in einen Topf gepflanzt. Das hat sie mir sofort mit reichlicher Blattbildung und bald auch mit ersten Blüten gedankt. Die sind auch ganz typisch Nachtschatten und wechseln von violett nach gelb. Die Hummeln haben sie fleißig besucht und inzwischen hängt die kleine Pflanze voller länglicher, grüner Früchte. Manche haben schon einen Hauch dunkler Farbe bekommen und ich hoffe, dass es nicht mehr zu lange dauert, bis ich meine ersten eigenen Goji-Beeren kosten kann.
Das sind also meine fleißigen Früchtchen und neuen Nachschattenfreundinnen auf der Terrasse. Habt ihr auch solche Lieblinge zum Naschen? Oder vielleicht noch einen anderen Geheimtipp, wie man sich gut mit Eigenbauobst im kleinen Rahmen versorgen kann? Ich bin gespannt 🙂
Liebe Mirjam,
wir haben uns ja vor einer Weile entschieden, den Schwerpunkt auf insektenfreundliche Pflanzen zu legen und kein Obst oder (abgesehen von dem in diesem Sommer leider vergeblichen Versuch mit Zucchini) Gemüse anzubauen.
Wir werden aber dennoch mit Früchten beschenkt und freuen uns sehr darüber!
Der Apfelbaum, den wir im Garten schon vorgefunden haben, hat es dadurch, daß er in seinen ersten Jahren nicht gut gepflegt/beschnitten wurde, immer damit zu kämpfen, Äpfelchen wachsen zu lassen, die es bis zur Reife schaffen. Doch er tut wirklich sein Bestes und jetzt leuchten viele Äpfel schon herrlich rotgelb aus dem immer noch erstaunlich grünen Blättern hervor.
Und eine ganz schöne Überraschung dürfen wir gerade auch erleben: eine kleine, feine Ernte an Pflaumen!
Wir wissen, daß vor vielen Jahren an der Stelle des Apfelbaums ein Pflaumenbaum stand. Und irgendwie ist es zugegangen, daß im Schatten der Sträucher ein Ableger herangewachsen ist. In den letzten Jahren hingen zwar schon ein paar Früchte daran, die aber nicht reif wurden.
Aber in diesem Sommer! Wir haben schon genascht und auch ein kleines Kompott gekocht: ganz köstlich zu Mandelpudding.
Einen goldenen Herbst wünschen Euch allen:
Iris & Bernd
Obstbäume sind doch aber auch sehr insektenfreundlich, oder? Wenn ich daran denke, wie es bei uns in den Obstwiesen summt, sobald die Blüte einsetzt. Gerade die Kirschpflaumen und Zwetschgen blühen recht früh und sind v.a. für Hummeln, Mauerbienen und andere früh fliegende Wildbienen eine ganz wichtige Nahrungsquelle. Und vielen anderen großen und kleinen Tierchen bieten solche Bäume auch Nahrung und Heimat. Also, die Pflaumen und Äpfel solltet ihr euch mit einem extra guten Gewissen schmecken lassen. Und Mandelpudding klingt sehr lecker. Mit Päckchen oder selbst aromatisiert? 😉
Mandelpudding klingt ganz ausgezeichnet, da kriege ich jetzt direkt Appetit drauf! 😉
Liebe Mirjam,
das ist ja eine beeindruckende Exotik, die du bei dir beherbergst. Ich schrecke vor den Exoten ja immer etwas zurück, aber wenn du hier so von deinen Taschentopf-Experimenten erzählst, macht das Mut, es auch mal zu versuchen. Die Erdbeeren in meinem Taschentopf waren dieses Jahr mehr als mau. Sie haben schön geblüht, aber dann war es zu heiß/kalt/nass/was-weiß-ich – mehr oder weniger Totalausfall, bis auf einige wenige Früchte. Die waren dafür aber sehr aromatisch.
Die Tomaten werden bei mir jetzt reif, auch diejenigen, die die Krautfäule knapp überlebt haben oder langsamer dran eingehen als der Rest. 😉 Dabei hatte ich extra frühe Sorten gewählt, aber auch hier: Zu kalt/heiß/nass/etc.
Der Birnbaum trägt gut, aber es fallen viele verfaulte Früchte vom Baum. Stimmt genau, bei den meisten Obstsorten artet die Reife irgendwann in Stress aus, weil es dann flott gehen muss. Letztes Jahr habe ich 4 Wochen oder noch länger Birnen verarbeitet, das war der schiere Wahnsinn. Dabei hatte ich auch noch eine Menge verschenkt. Unsere Sorte kann man leider nicht gut lagern, die muss man gleich genießen oder verarbeiten. Die Felsenbirne hat auch getragen, aber zum Ernten und Verarbeiten war mir das zu viel Arbeit. Frisch vom Baum genascht geht da immer noch am besten.
Ich habe zum Glück viele Obstbäume in der Nachbarschaft, bei denen ich mich bedienen darf. Unser Birnbaum ist zur Zeit der Blüte immer gut besucht, das macht sehr viel Freude.
Weiter viel Freude mit deinen Nachschattenfreundinnen (da stelle ich mir jetzt blasse Damen mit schwarzen Haaren und fettem Lidstrich vor :-D) und liebe Grüße!
Doris
Hallo Mirjam,
schön, von Deinen Beeren zu lesen. Ich durfte ja auch von Deinen spannenden Beerensorten profitieren und einige Pflänzchen mitnehmen, die ich im Hof in Blumentöpfe gepflanzt habe. Die Wonderberry ist ein kleiner Strauch geworden und hängt auch bei mir voll mit vielen schwarzen Beeren, von denen ich immer im Vorbeigehen nasche. Die Litschitomate ist inzwischen so groß wie ich und blüht seit Monaten prächtig. Früchte trägt sie auch schon einige, allerdings sind die noch nicht so weit, wie bei Deinem Strauch. Die Ananaskirsche macht bisher allerdings keine Anstalten, zu blühen. Vielleicht habe ich sie zu schattig gestellt, als ich bemerkt habe, dass sie keine direkte Sonne mag.
Mit meinen eigenen Obstprojekten bin ich noch nicht so weit: Einen Stachelbeerstrauch habe ich immer noch nicht, habe mir aber das Anrecht auf einen Strauch gesichert, der nächstes Jahr einem Hausbau weichen muss. Der Birnbaum auf dem Balkon (mehr dazu demnächst auf diesem Kanal ;-)) ist dieses Jahr noch nicht so weit, dass er Früchte trägt.
Viele Grüße
Andreas
Oh, auf den Birnbaum bin ich schon sehr gespannt! Und ich konnte inzwischen die ersten Litchitomaten bei mir verkosten. Tomate passt zumindest ein bisschen von der Fruchtstruktur, Litchi-artiges konnte ich nicht entdecken, dafür schmecken die Früchtchen lecker süß-säurliche und erinnern ein bisschen an Kirsche. Deine dritte im Bunde ist wohl eine Zwerg-Tamarillo und keine Ananaskirsche (von denen hatte ich dieses Jhr durch ein Missgeschick zu wenig Pflanzen, um sie zu verschenken). Meine Zwerg-Tamarillos stehen jetzt in Blüte. Ich hoffe sehr auf warme, sonnige Tage, dass es mit den Früchten vielleicht noch was wird. Aber Überwintern kann man sie wohl im Haus.
So tolle Fotos! Die Litschi Tomaten sehen ja wunderschön aus. Die Wonderberries würden mir etwas Angst machen, auf unserer Blumenwiese wächst der Nachtschatten und sieht wirklich genauso aus. Tomatillos hatte ich viele Jahre lang haben sich immer selbst ausgesät aber seit 5 Jahren kommen keine mehr.
Goji Beeren sind wirklich ein Unkraut sie wachsen bei uns sogar in einer Hütte 🙂
Dieses Jahr habe ich zum 1. Mal Hörnchenkürbisse hergezogen und mein Sommer im Hexengartenbericht soll darüber handeln.
Liebe Grüße
Claudia