Miri macht blau

Gerade noch rechtzeitig, bevor das Schmuddelwetter Einzug hielt, habe ich neulich an einem sonnigen Nachmittag etwas ausprobiert, wovon ich schon seit der Organik-Vorlesung im 2. Semester geträumt habe: Färben mit Indigo. Anders als die meisten Pflanzenfarbstoffe ist das wunderbare Blau der Indigopflanze nicht wasserlöslich, sprich der übliche Ansatz Wolle-mit-Pflanze-im-Topf-kochen funktioniert nicht. Früher war das Blau färben ein sehr unappetitliches Geschäft, denn die sogenannte Küpe, also das Färbebad, in dem man über eine bestimmte chemische Reaktion den blauen Farbstoff erhält, setzte man mit leckeren Dingen wie vergorenem Urin an. Später benutze man dann Chemikalien wie Natronlauge oder Salmiakgeist – nichts, womit ich gerne in meiner Küche hantiere. Zum Glück kam eine findige Färberin auf die Idee, es mal mit Entfärber zu probieren (wie hier). Ganz ohne Chemie geht es also nicht, aber es hält sich für meinen Geschmack in Grenzen und die Färbung geht super schnell. Man braucht dafür:

5 l heißes Wasser
2 TL Entfärber
5 TL gemahlenen Indigo
einen dunklen Eimer

Entfärber und Indigopulver löst man im heißen Wasser auf. Das ergibt eine blaue, schäumende Brühe, die nicht besonders angenehm riecht.

Lecker: blauer, stinkender Schaum ;-)

Lecker: blauer, stinkender Schaum 😉

Den Schaum habe ich erst einmal mit einem Stöckchen (das ist jetzt auch blau) weggerüht und den ersten Probefaden hinein einige Sekunden gehalten. Der hat sich gleich intensiv blaugrün gefärbt. Sobald er wieder an der Luft war, verwandelte sich das Blaugrün in ein dunkles Blau (das eigentliche Indigoblau entsteht erst durch Oxidation mit dem Luftsauerstoff).

Der erste Zug im Farbbad nimmt in Windeseile Farbe an.

Der erste Zug im Farbbad nimmt in Windeseile Farbe an.

Gute Voraussetzungen für den ersten Färbegang. Insgesamt habe ich vier Züge von je 100 g Wolle gemacht:

  1. 5 Minuten im Färbebad ergab ein dunkles Indigoblau.
  2. Nur kurz eintauchen ergab ein schönes himmelblau.
  3. Beim melierten Strang habe ich das äußerste Ende etwa 1 Minute in das Bad gehalten, dann eine weite Minute etwa zur Hälfte und zum Schluss noch ganz kurz fast den ganzen Strang.
  4. Dieser Strang war mit Myrte blassgelb vorgefärbt. Er kam auch nur etwa 1 Minute in das Farbbad.

Das Ergebnis seht ihr hier.

Die Farben sind in echt noch leuchtender, vor allem das zarte Lindgrün kommt hier nicht so gut raus. Von oben nach unten: 1.-4. Zug

Die Farben sind in echt noch leuchtender, vor allem das zarte Lindgrün kommt hier nicht so gut raus. Von oben nach unten: 1.-4. Zug

Das war wirklich die schnellste Pflanzenfärbung, die ich je gemacht habe, und mit dem Farbergebnis bin ich sehr zufrieden. Was für ein Glück, dass ich bei dem aktuellen Novemberwetter wieder vom Strickfieber gepackt wurde. Material dafür habe ich ja jetzt genug 🙂

PS: Das Waschbecken, in dem ich die Wolle ausgewaschen habe, ging übrigens besser zu reinigen, als ich befürchtet hatte. Mit einem Schwamm ließen sich die blauen Spuren einfach abschrubben.

2 Kommentare zu “Miri macht blau

  1. Astrid
    19. Oktober 2015 um 20:07

    Hallo Miri!
    Das sind ja tolle Blautöne, am besten gefällt mir das ganz dunkle Blau. Kann man damit auch Baumwollstoffe färben? Wenn es nicht wasserlöslich ist, sollte es in der Waschmaschine eigentlich nicht ausfärben, oder?

    Viele Grüße!
    Astrid

    • mirjam
      19. Oktober 2015 um 20:59

      Klar, Baumwolle kann man damit auch färben. Vor den Anilinfarbstoffen wurden auch die Jeans mit Indigo gefärbt. Ich will auch unbedingt mal versuchen, Kleidung damit zu färben, so gut und einfach wie das mit der Wolle geklappt hat.

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