Le parfum d’antan

Wenn die zarten Maiglöckchen ihren Duft doch nur einfach einfangen ließen...

Wenn die zarten Maiglöckchen ihren Duft doch nur einfach einfangen ließen…

Vor einiger Zeit habe ich euch hier ja kurz das Buch „The Art of Perfumery and Methods of Obtaining the Odors of Plants“ von G. W. Septimus Piesse mit historischen Parfum- und Kosmetikrezepten vorgestellt. Ich war ganz begeistert, endlich die alten Rezepte gefunden zu haben, mit denen Parfumeure vor der Ära der synthetischen Duftstoffe edle Blütendüfte wie Maiglöckchen, Geißblatt und Flieder nachahmten. Denn aus den Blüten lassen sich bei diesen Pflanzen kaum verwertbare Parfumextrakte gewinnen. So bin ich auch gleich ans Werk gegangen, habe mir die teuren Ausgangsstoffe besorgt und versucht die Rezepte in moderne Einheiten und sinnvolle Mengen umzurechnen. Besonders interessiert hat mich das Maiglöckchen-Parfum. Im Originalrezept besteht es aus:

Extrakt von Tuberose: 1/2 pint
“ Jasmin: 1 oz.
“ Orangenblüten: 2 oz.
“ Vanille: 3 oz.
“ Cassie: 1/4 pint
“ Rose: 1/4 pint
ätherisches Mandelöl: 3 Tropfen

Statt den Extrakten habe ich Absolues verwendet. Das wird natürlich auch den Duft beeinflussen und macht die Umrechnung nicht leichter. Meine Umrechnung ergab damit folgende Zusammensetzung:

6 Tr Tuberose
3 Tr Rose
4 Tr Vanille (20%ig)
2 Tr Neroli (25%ig)
1 Tr Jasmin
1 Tr Mimose (=Cassie, nicht Cassia!)
1 Tr Bittermandel
10 ml Weingeist

In dem Duftwasser sind ja wirklich die edelsten der edlen Blütendüfte vereinigt, aber wie soll ich sagen: Zum Glück riechen die Maiglöckchen bei uns vorm Haus besser. Ein ganz zarter, lieblicher Duft ist ihnen eigen. Ganz anders das Duftwasser. Wer auf sehr schwere und süße Düfte steht, wird dieses „Maiglöckchen-Parfum“ vielleicht mögen. Mir ist es einfach ein paar Nummern zu heftig. Es ist immer schwierig, Düfte in Worte zu fassen, aber es riecht tatsächlich irgendwie altmodisch, hat einen ganz starken süßen Nachklang, der sehr, sehr lange haften bleibt. Das ist auch nicht unlogisch, denn viele der damaligen Parfums hatten sich schließlich aus Duftmischungen entwickelt, mit denen man Handschuhe und Taschentücher parfümierte. Und da sollte der Duft ja möglichst lange halten. Vielleicht finde ich noch in starker Verdünnung irgendeine Verwendung dafür. Pur macht es jedenfalls so manchem modernen „Stinkeparfum“ Konkurrenz. Offenbar ändert sich der Geschmack (oder die Geschmacklosigkeit) im Laufe der Geschichte in manchen Punkten doch nicht so stark 😉 Aber will ich mal nicht unfair sein, ein paar Chancen haben die spannenden, alten Parfumrezepte doch verdient.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert